Unter den 28 Teilnehmenden aus zwölf Ländern waren mehrheitlich afrikanische Stipendiatinnen und Stipendiaten des KAAD, aber auch Geförderte aus Jordanien, Ägypten und Myanmar. Sie beschäftigten sich vier Tage lang mit den Formen des nachhaltigen Wirtschaftens. Unter der Leitung und Begleitung von Dr. Marko Kuhn, P. Prof. Dr. Ulrich Engel OP und Miriam Rossmerkel vom KAAD sowie Dipl.-Ing. agr. Bernhard Nägele vom Bildungshaus St. Ulrich tauschten sich die Seminarteilnehmenden bei verschiedenen Vorträgen aus den eigenen Reihen und zwei Expertenvorträgen von Prof. Dr. Stefan Pauliuk und KAAD-Alumnus Dr. Vincent Kyere aus.
Stefan Pauliuk (Albert-Ludwigs-Universität Freiburg) legte dar, in welch hohem Maße die modernen Gesellschaften bestimmte Materialien wie Zement und Stahl nutzen und welche gravierenden Folgen ihre Verwendung für das Klima und die Natur hat. Auch der Transportsektor und die mit ihm verbundene Fahrzeugherstellung gerieten dabei in den Blick. Relevant für das Seminar waren vor allem auch StefanPauliuks Verweise auf die globalen Zusammenhänge des Materialverkehrs. Der materielle ‚Nachholbedarf‘ der Länder des Globalen Südens zählt hier ebenso mit hinein wie die Gerechtigkeitsfragen angesichts des seit langer Zeit erfolgten ‚Überverbrauchs‘ der industrialisierten Staaten des Globalen Nordens. Wie die organischen Materialien (z. B. in der Landwirtschaft) und die anorganischen Materialien (z. B. in der Bauwirtschaft) in eine zirkuläre Bewegung geführt werden können, war der Kern seiner faszinierenden Präsentation.
Der zweite Hauptvortrag des Seminars wurde digital von KAAD-Alumnus Dr. Vincent Kyere (Mountain Research Institute, Accra, Ghana) gehalten. Vincent Kyere hat sich schon während seiner Promotion an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn einen Namen als Experte für die globalen Ströme von Elektroschrott gemacht. Sein Heimatland Ghana ist einer der globalen Hotspots für diese Problematik, denn in der Hauptstadt Accra werden die wertvollen Rohstoffe in den entsorgten Elektrogeräten durch krudes Verbrennen freigelegt. Die Schäden für die Böden, die Luft und die Gesundheit der Menschen sind immens. Vincent Kyere erklärte, wie er in einem groß angelegten Recycling-Projekt alternative, gesundheits- und umweltschonende Methoden entwickelt hat, an die im Elektroschrott enthaltenen Stoffe Gold, Silber, Kupfer oder Kobalt zu gelangen (vgl. hierzu den Bericht über den Besuch unseres Partnerlandes Ghana im November 2023).
In sieben kürzeren Präsentationen brachten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Seminars ebenfalls in die Thematik ein. Dabei ging die Bandbreite der Vorträge von der Verhinderung der Lebensmittelverschwendung in afrikanischen Ländern über nachhaltige landwirtschaftliche Systeme am Kilimanjaro bis hin zur Nutzung der auf dem Kontinent im Überfluss vorhandenen Sonnenenergie für die lokale Energiegewinnung und Nahrungsmittelproduktion.
Am Exkursionstag konnten die Studierenden ein tieferes Verständnis der Kreislaufwirtschaft in Deutschland erhalten, als sie den Zweckverband Abfallbehandlung Kahlenberg (ZAK) im Ortenaukreis besuchten. Durch selbst entwickelte neue Techniken zur Abfallbehandlung leistet das Unternehmen Pionierarbeit, die den Kahlenberg in den Blickpunkt der Region und der gesamten Fachwelt gerückt hat. Die praktizierten Verfahren und Techniken werden im Sinne einer umweltgerechten und nachhaltigen Abfallwirtschaft fortlaufend angepasst und weiterentwickelt. Vor Ort konnten die Stipendiatinnen und Stipendiaten die modernen, vom ZAK entwickelten Anlagen besichtigen und verstehen.
Der neben dem Kahlenberg gelegene Heuberg bot der Gruppe nicht nur die Gelegenheit zum Mittagessen und zur Mittagspause, sondern auch zu einem beeindruckenden Gang durch die Rebberge und auf einen Aussichtsturm in der Vorbergzone. Die Blicke von hier verbildlichten die Struktur des Oberrheingrabens zwischen Schwarzwald und Vogesen.
Der zweite Teil der Exkursion führte auf den Bio-Bauernhof der Famile Brengartner in Ehrenstetten nahe dem Tagungshaus in St. Ulrich. Dieser Hof wurde von einem Betrieb mit reinem Ackerbau, der große Mengen Kunstdünger in der Landwirtschaft eingesetzt hat, auf eine ökologische Wirtschaftsweise umgestellt. Die Teilnehmenden des Seminars hatten viele Fragen an den Jungbauern zum Thema nachhaltige Viehhaltung, Wirtschaftlichkeit und Ökologie sowie zum Einsatz von bestimmten Futtermitteln (Luzerne), durch die wichtige Nährstoffe wieder in den Boden eingebracht werden können.
Das Seminar klang mit einem Gottesdienst in der ehemaligen Klosterkirche unter der Leitung unseres geistlichen Beirates P. Ulrich Engel aus. Am Grab des heiligen Ulrich erklangen Rhythmen und Töne verschiedener Länder Afrikas und zeigten auf der Ebene des Glaubens auf, was das gesamte Seminar in den Höhen des Schwarzwalds versucht hatte: die Verbindung von Themen, die vor Ort und in Deutschland genauso oder ähnlich relevant sind wie in Afrika südlich der Sahara.
Die Lage des Klosters inmitten der Ausläufer der Schwarzwaldberge trug zur besonderen Atmosphäre des Seminars bei und die Zusammenarbeit mit Bernhard Nägele vom Bildungshaus schaffte viele Verbindungen zum Thema Nachhaltigkeit, ökologische Landwirtschaft und zukunftsfähig ausgerichtete Wirtschaftskreisläufe.