Leitung: | Dr. Thomas Krüggeler |
Geistliche Begleitung: | P. Prof. Dr. Thomas Eggensperger OP |
Primär für Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Lateinamerika
Lateinamerika und die Karibik sind seit der Phase der Eroberung im 15. und 16. Jahrhundert eine von Gewalt gezeichnete Weltregion. Die von den europäischen Invasoren etablierten Unterdrückungssysteme legten die Basis für Ungleichheit, Ausbeutung, Repression und Widerstand, die vielerorts und besonders auf regionaler und lokaler Ebene bis heute fortbesteht. Eingebunden in die entstehenden Strukturen war von Beginn an die katholische Kirche, die zum einen die religiöse Legitimierung der Eroberung lieferte und zum anderen in der Praxis den Schulterschluss mit den Mächtigen suchte. Nur in Einzelfällen lehnten sich Kleriker auf und verwiesen auf die Widersprüche zwischen politischen und sozialen Realitäten und der christlichen Lehre. An der engen Bindung zwischen Staat und Kirche änderte sich mit der Unabhängigkeit im 19. Jahrhundert wenig, sahen doch viele politische Führer in der Kirche den wichtigen „Klebstoff“, der die Gesellschaft der National-staaten zusammenhalten würde.
Etwas im Schatten der Weltpolitik spielen sich in Lateinamerika heute von Gewalt dominierte Dramen ab, die dringend der geistlichen und sozialen Intervention der Kirche bedürfen. Es sei nur verwiesen auf Drogenkriege, Migration und das Auseinanderdriften der Gesellschaften.
Nach dem Zweiten Vatikanum und mit der Herausbildung theologischer Ansätze wie der Befreiungstheologie (teología de la liberación) oder der indigenen Theologie (teología indígena) nimmt die Kirche die Themen Armut und Gerechtigkeit verstärkt in den Blick und wirkt konstruktiv an politischen Konfliktlösungen in verschiedenen Ländern mit. Anknüpfend an solche Erfahrungen sollen im Rahmen des Seminars Wirkungsfelder identifiziert werden, in denen die Kirche als moralische Instanz zu mehr Frieden in Lateinamerika beitragen kann. Dazu wird das Dilemma zwischen der Verkündigung des Evangeliums und der kirchlichen Beteiligung an Unterdrückung und Ausbeutung analysiert. Wir werden auch Vertreterinnen und Vertreter der Soziologie und Theologie fragen, welche Wege die Kirche beschreiten kann, um zum Aufbau weniger gewalttätiger Gesellschaften beitragen zu können.