Begleitet wurde die Veranstaltung von Dr. Marko Kuhn, Leiter des KAAD-Afrika-Referats, sowie von zwei nicht-ortsansässigen Stipendiatinnen, die momentan in Äthiopien leben und arbeiten: Nakai Munikwa (Simbabwe) erzählte von ihrer Arbeit im Kriegsgebiet Tigray, wo sie für die UNICEF tätig ist und sich vor allem um Ernährung und Mangelerscheinungen bei Kindern kümmert. Argaw Fantu von der päpstlichen Agentur Catholic Near East Welfare Association (CNEWA) sowie Pater Groum Tesfaye SJ, langjähriger geistlicher Begleiter von KASHA, brachten sich mit Referaten ebenfalls in die Diskussionen und Gespräche ein, die in Kleingruppen am Nachmittag vertieft wurden und von der schwierigen gesellschaftliche Lage, insbesondere von der herausfordernden Frage von Ethnizität und Gewalt in Äthiopien, überschattet waren. So wurde immer wieder die Frage gestellt, wie es möglich ist, dass Äthiopien – trotz der stark religiösen und meist christlichen Grundausrichtung der Menschen und der Gesellschaft – schier zerfressen wird von ethnischer Spaltung, Hass und Gewalt und wo die Unterschiede zwischen (intrinsischer) Spiritualität und äußerlich zur Schau getragener Religion liegen. Die auf Spaltung und Abgrenzung basierende Suche nach Identität muss einen Weg finden, sich durch Spiritualität und Menschlichkeit hin zu einer integrativen Identitätsbildung zu läutern. In dieser explosiven und von Leid geprägten politischen Lage gibt der vor kurzem geschlossene Vertrag zu Entwaffnung und Waffenstillstand Hoffnung. Just am Tag des Seminars unterzeichneten Vertreter der Tigray-Rebellen und der Zentralregierung in Addis Abeba ein weiteres Abkommen, das den Fahrplan für das angestrebte Friedensabkommen festlegt. In der kenianischen Hauptstadt einigten sie sich darauf, ab dem 15. November mit der Entwaffnung der TPLF-Rebellen zu beginnen. Ein Komitee der Afrikanischen Union (AU) soll die Umsetzung überwachen. Gleichzeitig sollen sich ausländische Kräfte und Milizen, die aktiv am Kriegsgeschehen beteiligt waren, aus der Region zurückziehen. Zudem wollen die unterzeichnenden Parteien gemeinsam dafür sorgen, dass humanitäre Hilfe dort ankommt, wo sie dringend gebraucht wird. Unter der bereits zweijährigen Blockade von humanitärer Hilfe (Nahrungsmittel-Lieferung) und der Abtrennung von jeglicher Kommunikations-Infrastruktur leiden auch die Familien vieler KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten.
Neben der Teilnahme am KASHA-Seminar führte Marko Kuhn während seiner fünftätigen Äthiopienreise Netzwerkgespräche mit Alumni sowie mit Vertreterinnen und Vertretern von Kirche und Gesellschaft sowie deutscher Institutionen, unter anderem mit dem Erzbischof, dem Generalsekretär der Bischofskonferenz, Nuntiatur, Deutsche Botschaft sowie Mitarbeitenden politischer Stiftungen wie der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) oder der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS).