Das tief empfundene Emoji – Emotionen leben im digitalen Zeitalter

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Emotionen bewegen – Menschsein kann ohne Emotionen nicht gedacht und gelebt werden. Sie sind Grundbestandteil dessen, was uns ausmacht. Aber was heißt das im digitalen Zeitalter?

Drücken wir Emotionen dort nur anders aus oder bedeutet das eventuell doch viel mehr? Und was macht das Digitale mit uns und unseren Emotionen? Um diesen Fragen nachzugehen, trafen sich vom 29. August bis zum 1. September 2022 vierzehn KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten im Thomashof in Karlsruhe unter der Leitung von Dr. Anselm Feldmann.

Sich wiedersehen zu können, war eine große Freude für die Stipendiatinnen und Stipendiaten aus ganz unterschiedlichen Teilen der Welt von Asien bis zum Nahen Osten, Afrika, Osteuropa und Lateinamerika. Umso interessanter versprach die Betrachtung von Emotionen im digitalen Zeitalter zu werden.

Nach einem ausgiebigen Brainstorming, in welchem die Teilnehmenden zunächst einzeln, dann in größer werdenden Gruppen ihre Ideen zu Emotionen im digitalen Zeitalter teilten, wurden die Ergebnisse reflektiert. Sowohl positive wie negative Konnotationen wurden erkannt und besprochen. So waren Möglichkeiten, mit Menschen in Kontakt zu treten und – für unsere Stipendiatinnen und Stipendiaten besonders interessant – zu bleiben, sehr wichtig. Das führe zu einem Gefühl der Verbundenheit, weiterhin Teil zu sein und Teil zu haben an dem Leben derer, die in der Heimat weilen. Im Negativen wurde aber auch erkannt, dass insbesondere in den sozialen Medien viel Oberflächlichkeit und Hass geschürt wird. Gefühle der Angst und Minderwertigkeit, aber auch der Isolation sind oft das Resultat. Dies habe oft schlimme Konsequenzen für Individuen als auch Gesellschaften, so die Teilnehmenden.

Im darauffolgenden Teil, der Präsentation von Herrn PD Dr. Bernd Bösel (Universität Potsdam), ging es u. a. darum, wie Technologiekonzerne sich menschliche Emotionen zu Nutze machen. Dabei kommt Technologien zur Erkennung von Emotionen eine herausragende Rolle zu. Diese Entwicklung kann für sich genommen problematisch sein und muss aufgrund der umstrittenen Art, wie Emotionen konzeptualisiert werden, um technologisch überhaupt erfasst werden zu können, kritisch hinterfragt werden, so Bösel. Eine Reduzierung auf sieben grundsätzliche Emotionen (Freude, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung), die alle Menschen ungeachtet des sozialen oder kulturellen Hintergrunds teilen, wie Ekman und Friesen (1978) argumentieren, wird der Komplexität der Äußerung von Emotionen nicht gerecht und kann empirisch so nicht nachgewiesen werden. Die Auswirkungen sind allerdings aufgrund der Marktmacht der 'Big Five' (Apple, Google, Microsoft, Facebook, Amazon), welche auf eben jene Konzeptualisierung zurückgreifen, realitätsprägend. Das hat z. B. Folgen für den Umgang mit psychischen Erkrankungen, aber auch für polizeiliche Einsätze bei Demonstrationen – auch in nicht-demokratischen Staaten. Die Erkenntnis, dass z .B. negative Emotionen eher zu Interaktion führen, wird von den 'Big Five' in den Algorithmen ihrer Plattformen angewandt. Die Auswirkungen für Gesellschaften weltweit sind weithin spürbar.

In der darauffolgenden Reflexion konnten Brainstorming und Präsentation zusammengeführt werden. Die individuellen Erfahrungen spiegelten die Betrachtungen aus der konzeptuellen Perspektive des Vortrags wieder und fügten sich so zu einem schlüssigen Bild zusammen.

Abends wurde unter freiem Himmel ein Gottesdienst unter der Leitung von P. Prof. Dr. Thomas Eggensperger OP gefeiert. Mit Gebeten und Gesängen in unterschiedlichen Sprachen konnte die Gruppe die für den KAAD typische Einheit in Vielfalt erleben.

Nachfolgend besuchten einige Teilnehmende die Lichtspiele am Schloss Karlsruhe: eine äußerst beeindruckende Veranstaltung, die Licht und Musik zusammenführte und somit Emotionen weckte. Dies bot einen großartigen Einstieg in die Führung am Tag darauf im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM), Karlsruhe. Sehr eindrücklich konnten die Teilnehmenden erfahren, dass Emotionen und Technologie auch im künstlerischen Bereich eng miteinander verwoben sind. Sie gelangten zu der Erkenntnis, dass die Technologie zwar immer neu ist, die Fragen, die sie uns als Gesellschaften stellt, aber oftmals die Gleichen sind.

Fasziniert von der Führung erforschte die Seminargruppe nachfolgend die Stadt und ihren Schlossgarten, um sich abends beim gemeinsamen Pizzaessen der Gemeinschaft zu erfreuen.