Besondere Highlights der Tagung waren die Livestreams, bei denen prominente Redner und Podiumsteilnehmende auftraten: Zunächst stellte der Soziologe Prof. Dr. Armin Nassehi von der LMU München die These auf, dass ein zu großer Zusammenhalt der Gesellschaft gar nicht gut tue, es vielmehr darum ginge, „dass wir Konflikte zivilisiert austragen.“ Den Festvortrag hielt der ehemalige Bundespräsident Dr. h.c. Joachim Gauck, der in Anlehnung an sein Buch „Toleranz: einfach schwer“ der Frage nachging, wie die Tugend der Toleranz das friedliche Zusammenleben überhaupt erst ermöglicht.
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde der Zentralbegriff der Identität diskutiert. An diesem Podium nahm der Hochschulpfarrer und Journalist P. Max Cappabianca OP teil, der durch die Arbeit in der KSG Berlin sowohl mit dem Cusanuswerk als auch mit dem KAAD eng verbunden ist. Weiterhin diskutierten Prof. Dr. Nicole Deitelhoff (Sprecherin des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt) und Jan Fleischhauer (Publizist).
An diese Diskussion schloss sich das Forum „Identität: Lebenselixier oder soziales Konstrukt? Psychologische und sozio-politische Erwägungen“ an. Es handelte sich hier um einen von acht parallel stattfindenden Workshops zur weiteren Auffächerung des thematischen Panoramas. Die Vorbereitung und Moderation dieses Forums lag bei Dr. Marko Kuhn, Leiter des Afrika-Referates des KAAD. Er konnte Prof. Jürgen Straub, Sozialpsychologe an der Universität Bochum, als Hauptredner vorstellen. Erwartungsgemäß beschäftigte sich die Jahrestagung intensiv mit dem Begriff der „Identität“, daher entfaltete Prof. Straub vor allem eine sozialpsychologische Theorie einer Identität zwischen Totalität und Dissoziation. Die sozio-politische Relevanz einer solchen Spannung wurde durch viele Diskussionsbeiträge und Fragen an den Referenten erörtert.
Einen besonderen internationalen/interkulturellen Einblick in Identitätsfragen und -politiken erhielt das Forum durch die Stellungnahmen von fünf KAAD-Stipendiat/innen aus fünf verschiedenen Weltregionen (Georgien, Nicaragua, Äthiopien, Libanon und China). Die Berichte umfassten die Besonderheiten der jeweiligen persönlichen Identitätsbildung ebenso wie die (macht-)politischen Strategien und Konflikte in den fünf Herkunftsländern der Vortragenden, die meist multi-ethnisch und somit multi-identitär geprägt sind. Durch diese Beiträge erhielt die auf die deutsche Gesellschaft ausgerichtete Diskussion der cusanischen Tagung eine globale Komponente, die zeigte, wie strukturell ähnlich Identitätspolitiken sein können – vor allem dann, wenn die entsprechenden Mechanismen von den Mächtigen und denjenigen, die es werden wollen, ausgenutzt werden.