Am Samstag, den 21. Mai 2022 lud der KAAD die neuen Stipendiatinnen und Stipendiaten, die zurzeit einen Deutschkurs am Kreuzberg-Sprachinstitut in Bonn absolvieren, zu einem interkulturellen Workshop ein. Für viele war dieses Treffen der Einstieg in das umfangreiche Angebot an Seminaren und Veranstaltungen des KAAD und zugleich auch ein erstes intensives Miteinander. Der Workshop fand, wie bereits in den vergangenen Jahren, im Garten des Kreuzberg-Bildungshauses statt.
Der Workshop verfolgt mehrere Ziele: Zum einen dient er dem gegenseitigen Kennenlernen und dem Aufbau bzw. der Stärkung des Gemeinschaftsgefühls. Darüber hinaus sollen die Stipendiatinnen und Stipendiaten gleich zu Beginn ihres Aufenthaltes auf ihre Zeit in Deutschland vorbereitet werden. Im Mittelpunkt dieser Veranstaltung stehen deswegen in jedem Jahr eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur und Identität und die Sensibilisierung für kulturell bedingte Unterschiede im Denken und Handeln von Personen aus unterschiedlichen Kulturen. Dazu wurde auch dieses Mal wieder eine Mischung verschiedenster Methoden und Medien eingesetzt, um den Tag möglichst abwechslungsreich zu gestalten und den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, verschiedene (oft auch noch fremde) Herangehensweisen kennenzulernen und auszuprobieren.
Nach einer kurzen Begrüßung und Erläuterung des Programmes durch Santra Sontowski und Fernanda Hulverscheidt-Fagundes aus der KAAD-Geschäftsstelle, begann der Workshop mit einem Gebet, welches von Father Tesfaye aus Äthiopien vorbereitet wurde. Verschiedene Kennenlern- und Aufwärmübungen sorgten für einen persönlichen und lockeren Einstieg in den Tag, der die Basis für den weiteren Austausch legte. Eine Reflexion der eigenen Kultur erfolgte mittels der „Kulturrucksackmethode“ und dem anschließenden Austausch. Durch die Diskussion verschiedener Kulturdefinitionen und das sogenannte „Eisberg-Modell“ wurde herausgearbeitet, dass Vieles unsichtbar und verborgen ist, was Traditionen formt, Menschen zu ihren Denkweisen, Verhaltensweisen und Normen motiviert, und „richtig“ und „falsch“ in einer Gesellschaft definiert. Wichtig beim Kennenlernen einer neuen Kultur ist daher die Kommunikation, aber auch das Abnehmen der eigenen „kulturellen Brille“, um Stereotypen und Vorurteilen entgegen zu wirken. Dies wurde eindringlich im Video der Rede von Chimamanda Ngozie Adichie verdeutlicht („The danger of a single story“), welche Grundlage zu einer weiteren Diskussion und Reflexion war.
Darüber hinaus wurde ausführlich das Phänomen des Kulturschocks („Cultural Shock“) erläutert, welchem die meisten, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, in ihrer Zeit in Deutschland, aber sicherlich auch nach der Rückkehr begegnen werden. Das Wissen darüber, dass es dieses Phänomen gibt und dass es keine Schwäche des Einzelnen ist, kann helfen, mit dieser manchmal recht schwierigen Phase umzugehen und sich konstruktiv mit ihr auseinanderzusetzen.
Der zweite Teil des Workshops bestand in einem umfangreichen Block mit vielfältigen Informationen zum Alltag in Deutschland, die vom Eröffnen eines Bankkontos über die Verlängerung des Aufenthaltstitels, der Krankenversicherung, Wohnungssuche, des Einkaufens, des öffentlichen Verkehrs und Rundfunkgebühren bis hin zu unterschiedlichen Kommunikations- und Unterrichtsmethoden reichten. Die vielen Nachfragen und erste Erfahrungsberichte der Teilnehmenden zeigten, wie wichtig auch dieses Thema ist.
Den Abschluss bildete eine Reflexion über das im Laufe des Workshops Erlebte und Erfahrene. Mittels eines „Briefes an sich selbst“ konnten alle die Erfahrungen des Tages noch einmal wirken lassen und daraus Wünsche, Erwartungen und Hoffnungen für die kommende Zeit formulieren. Die abschließende „Feedbackrunde“ und die Evaluation zeigten, dass der Workshop als sehr positiv und äußerst hilfreich wahrgenommen wurde.