Organisiert wurde es von Nils Fischer, Leiter des Referats Naher und Mittlerer Osten. Insgesamt nahmen zwanzig KAAD- Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie vier Geförderte des Cusanus-Werks an der Veranstaltung teil.
Das Seminarthema ‚Mental Health‘ wurde vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie erörtert, die die Gesellschaften weltweit und auf allen Ebenen – vom Staat bis zu den einzelnen Personen – vor Herausforderungen gestellt hat. Neben den unmittelbar mit der Infektion verbundenen Folgen bergen auch die Schutzmaßnahmen eigene Gesundheitsfolgen und -gefahren: Mobilitäts- und Kontakteinschränkungen, Erfahrungen von Einsamkeit und finanzielle Nöte können zu psychischen Gesundheitsproblemen wie z. B. Depressionen oder Zwangsstörungen führen. Die Folgen hängen vielfach von soziokulturellen Kontexten und der ökonomischen Situation eines Einzelnen ab.
Prof. Dr. Ulrike Kluge (Charité Berlin) führte mit einem Vortrag in das Thema ein und setzte dabei einen Fokus auf die interkulturellen Aspekte der psychischen Gesundheit. Sie hob besonders hervor, dass Betroffene nicht nur professionelle Hilfe benötigten, sondern ebenso konkrete, als geschützt erfahrbare Räume, in denen sie offen sprechen können. Dazu benötige es vor allem Übersetzungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen, die es derzeit noch nicht ausreichend gebe, was dazu führe, dass niedrigschwellige Hilfsangebote nicht angeboten und Betroffene nicht adäquat behandelt werden könnten. Julia Manek (medico international) erarbeitete mit den Teilnehmenden verschiedene ‚Best Practice'-Beispiele für die Stärkung der mentalen Gesundheit. Sie zeigte, welche vielgestaltigen Angebote Hilfsorganisationen im globalen Süden entwickeln und von welcher herausragenden Bedeutung die damit verbundenen sozial-kulturell eingebetteten Angebote sind.
Das Tagungsprogramm wurde durch eine Führung durch Bonn unter einem weiten psychologischen Blickwinkel auf Ludwig van Beethoven und einen Besuch im Psychiatrie Museum „Verrückte Zeiten“ an der LVR-Klinik Bonn ergänzt. Dort wurde deutlich, wie sehr sich die Psychiatrie in den vergangenen 150 Jahren entwickelt und wie sich der Blick auf psychisch erkrankte Menschen geändert hat.
Folgende Methoden und Hilfsmöglichkeiten zur Organisation von Hilfe bei psychischen Schwierigkeiten im persönlichen Umfeld wurden erörtert:
- Einrichtung von Schutzräumen (sog. ‚Safe Spaces‘) auch in Schulen und auf der Arbeit
- Bewusstsein schaffen für psychische Erkrankungen und Entstigmatisierung
- Schaffen einer Atmosphäre des Zuhörens, der Aufmerksamkeit und Rücksicht
- Ermutigung zur eigener Aufmerksamkeit in Hinblick auf den psychischen Status
- Einsatz von verschiedenen Methoden, um psychischen Problemen entgegen zu wirken, z. B. Musik, Sport, Spazieren
- Positive Nutzung sozialer Medien, um Betroffene zu erreichen und ihnen zu helfen
- Beachtung sozialer, kultureller und religiöser Unterschiedlichkeiten
- Ganzheitlicher Blick auf sich selbst und andere unter besonderer Berücksichtigung der eigenen Biographie
Im Seminar wurden sowohl positive als auch negative Pandemie-Erfahrungen zum Anlass genommen, um das Thema ‚Mental Health‘ mit Blick auf die Zukunft zu erschließen. Da die Teilnehmenden wie bei allen KAAD-Seminaren aus vielen verschiedenen Regionen und Ländern kamen, konnten auch im Rahmen dieser Veranstaltung wieder viele soziale, kulturelle und religiöse Unterschiede geteilt, diskutiert, reflektiert und eingeordnet werden.