Vom 25. bis zum 27. Oktober 2024 hielt der KAAD in Kooperation mit dem Miriam College Quezon und der KAAD-Alumni-Vereinigung AKAP (Association of KAAD-Alumni in the Philippines) ein Seminar zum Thema „Gesellschaft aufbauen, Frieden stiften“ in Quezon, Philippinen ab. Das Seminar baute auf der KAAD-Auslandsakademie auf den Philippinen im Jahr 2018 auf, indem es das Thema nun fortsetzte. Dabei stand insbesondere Mindanao im Süden des Landes im Fokus: Dort geraten seit Jahrzehnten christliche Gemeinschaften mit muslimischen Separatisten gewaltsam aneinander.
Da die Auftaktveranstaltung zum Seminar aufgrund des Taifuns„Trami“ verschoben werden musste, wurde ein gemeinsames Abendessen angesetzt, an dem Mitglieder der Alumni-Vereinigung AKAP, Vertreterinnen und Vertretern des Miriam College und Dr. Anselm Feldmann, KAAD-Referatsleiter Asien, teilnahmen. Beim gemeinsamen Essen konnten sich die Teilnehmenden miteinander austauschen und erste Ideen zum Seminarthema diskutieren.
Am Tag darauf eröffnete Prof. Dr. Raul C. Navarro (Hochschule für Musik, Universität der Philippinen) das Seminar mit seinem Vortrag zum Einfluss der Musik im Bereich des politischen Aktivismus und stellte die Bedeutung sowohl für Friedensbewegungen, als auch für autoritären Kräften auf den Philippinen dar. Lieder seien eine starke Möglichkeit der Mobilisierung großer Massen und böten Anschlusspunkte für unterschiedliche Gruppen innerhalb einer Gesellschaft, so Raul C. Navarro. Musik könne gemeinschaftliche Narrative bedienen und so zu einer geteilten Identität der jeweiligen Gruppe beitragen. Musik wurde auf den Philippinen sowohl von Oppositionsgruppen, als auch vom Regime Marcos (seit 1965 im Amt, diktatorisch von 1972–1986,) genutzt, um die jeweils eigenen Anhänger zu mobilisieren. Bis heute spielt Musik in Mobilisierungsprozessen eine große Rolle, auch außerhalb der Philippinen.
Dr. Clarito Cairo (Gesundheitsministerium der philippinischen Regierung) stellte nachfolgend dar, wie wichtig eine allgemein zugängliche Gesundheitsversorgung für den gesellschaftlichen Frieden sei. Der Zugang zu medizinischer Versorgung als Teil der Sustainable Development Goals (SDG) sei für die Philippinen von herausragender Bedeutung, allerdings geprägt von hoher Komplexität. Gesundheitsversorgung auch in entlegenen Landesteilen bei knappen Ressourcen sicherzustellen, stelle die philippinische Regierung und das Gesundheitsministerium vor große Herausforderungen, so Clarito Cairo.
Auf die komplexen Problematiken in Friedens- und Nationsbuildingprozessen ging KAAD-Alumnus Dr. Oscar Bualong Jr. ein. Allzu oft würde in disziplinären Grenzen gedacht, die der Vielschichtigkeit von religiös-ethnischen Konflikten nicht gerecht werden würde. Daher seien systemische Analysen erforderlich, um neue Lösungen zu erarbeiten. Meist würden allerdings lediglich Symptome behandelt: Separatisten werden eingesperrt und die Militärpräsenz in Konfliktgebieten erhöht, ohne die komplexen Hintergründe des Ursprungs der Auseinandersetzungen zu kennen. Die Ziele und die Prozesshaftigkeit von Systemen würden selten erkannt.
Friedensprozesse können nur dann nachhaltig wirken, wenn sie auch vor Ort gedacht und umgesetzt werden. Hier kommt insbesondere den Religionsvertretern eine herausragende Bedeutung zu, da sie in ihren Gemeinden vor Ort wirken. Mindanao im Süden der Philippinen leidet seit Jahrzehnten unter gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Christen und muslimischen Separatisten. Die katholische Kirche in Mindanao hat daher diverse Friedensinitiativen initiiert, deren Wirken Erzbischof em. Antonio Ledesma SJ darstellte. Zusammenfassend müssen die Bedeutung eines Austauschs auf Augenhöhe, das gegenseitige Ernstnehmen, klare, egalitäre Partizipationsprozesse, ferner das Anerkennen gegenseitiger Verwundungen und ernsthafter – auch juristischer – Aufarbeitung als Lösungswege gewürdigt werden.
Den Abschluss des Tages bildete ein von Erzbischof Antonio Ledesma SJ geleiteter Gottesdienst sowie ein musikalischer Festakt mit unserer Alumna Ena Maria Aldecoa (Soprano), Antonio Maigue (Flöte) und Lester Demetillo (Guitarre). Gäste deutscher Vertretungen und Stiftungen auf den Philippinen wie Mathias Kruse (Deutsche Botschaft Manila), Dr. Monica Fröhlich (Deutscher Akademischer Austauschdienst, Manila), Dr. Almut Besold (Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, Manila,) Alexander Birle (Hanns-Seidel-Stiftung, Manila) und Botschafterin Laura Quiambao-del Rosario, Präsidentin des Miriam College, nahmen ebenfalls an diesem Festakt teil.
Am letzten Tag des Seminars besuchten die Teilnehmenden ein umgesiedeltes Dorf der Aetas. Die Aetas sind eine indigene Gruppe auf den Philippinen, die kulturell eine starke Bindung zu dem Land aufbauen, das sie bewirtschaften. Allerdings fühlen sie sich oftmals von der wirtschaftlichen Entwicklung der Philippinen abgehängt. Das Dorf musste als Folge des letzten Ausbruchs des Vulkans Pinatubo und verstärkter Erdbeben verlegt werden. Das Miriam College bemüht sich darum, auf wissenschaftlicher Basis Möglichkeiten zu identifizieren, anhand derer die Aetas an der sozioökonomischen Entwicklung der Gesamtgesellschaft teilhaben können. Dr. Jeanette Loanzon, Partnergremiumsmitglied auf den Philippinen, leistet zudem im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit für die Organisation „Grail“ einen Beitrag dazu, dass ausreichend Schulmaterialien für die Kinder des Dorfes der Aetas zu Verfügung stehen. Auch das ist ein passender Beitrag zu Nationbuilding und Friedensstiftung.