Schutz für Kinder und Frauen in bewaffneten Konflikten – internationale Perspektiven und konkrete Ansätze

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Wie können Kinder und Frauen besser vor Gewalt in Kriegs- und Krisengebieten geschützt werden? Diese Frage stand im Zentrum unseres Seminars „Fragile Menschenrechte, bedrohte Menschenwürde: Gewalt gegen Kinder und Frauen in bewaffneten Konflikten“, das vom 23. bis zum 25. Juni 2025 digital stattfand.

24 Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Alumnae und Alumni aus 16 verschiedenen Ländern brachten ihre akademische Expertise aus den Bereichen Völkerrecht, humanitärer Hilfe, Psychotraumatologie und Bildungsarbeit ein – vielfach verbunden mit konkreter Erfahrung aus ihrem sozial-karitativen oder zivilgesellschaftlichen Engagement in ihren jeweiligen Herkunftsländern.

Im Mittelpunkt standen dabei die kritische Reflexion internationaler Schutzmechanismen, die praktischen Herausforderungen humanitärer Hilfe in Gewaltkontexten sowie die Rolle von Bildung bei der Stabilisierung von Lebensperspektiven nach bewaffneten Auseinandersetzungen.

Prof. Dr. Jenny Phillimore von der University of Birmingham gab Einblicke in das Forschungsprojekt SEREDA – Sexual and Gender-Based Violence against Refugees: Experiences, Responses and Politics of Protection. Im Zentrum des Projekts steht geschlechtsspezifische Gewalt, die Geflüchtete erfahren – von der Vertreibung bis zum Asylverfahren. Jenny Phillimore zeigte auf, wie insbesondere Frauen und Kinder entlang der Fluchtrouten und in den Aufnahmeländern mehrfach benachteiligt sind – etwa durch fehlenden Schutz, mangelnde rechtliche Unterstützung und unzureichende psychosoziale Versorgung. Besonders hob Jenny Phillimore hervor, dass diese Menschen kleineren, größeren und vor allem wiederkehrenden Aggressionen ausgesetzt sind – ein Muster struktureller Verletzlichkeit, das sich über den gesamten Migrationsweg hinwegzieht. Angesichts der Forschungsergebnisse betonte Jenny Phillimore die Notwendigkeit konkreter Schutzmechanismen für besonders verletzliche Gruppen. Dazu zählen Unterstützungsangebote entlang der Fluchtrouten, faire Verfahren beim Zugang zu Asyl und Versorgung sowie verlässlich koordinierte Hilfen durch staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure.

Der simbabwische KAAD-Stipendiat Lloyd Kwambana schilderte die Situation des Kinderschutzes in seinem Heimatland und betonte, dass es in vielen afrikanischen Staaten an einer verbindlichen gesetzlichen Verankerung, klaren Zuständigkeiten und verlässlichen staatlichen Schutzstrukturen für Kinder fehlt. Zugleich verwies Lloyd Kwambana auf erste positive Entwicklungen, die auf langsame, aber wirkungsvolle Veränderungen hindeuten.

Die philippinische Stipendiatin Lovely S. Bernardo berichtete über die Folgen terroristischer Gewalt für Frauen und Kinder im Zusammenhang mit der Belagerung von Marawi im Süden der Philippinen im Jahr 2017. Während des fünfmonatigen Konflikts zwischen islamistischen Milizen und Regierungstruppen litten insbesondere Zivilistinnen und Zivilisten unter massiven Menschenrechtsverletzungen und Vertreibungen. Lovely Bernardo zeigte eindrücklich auf, wie stark hier insbesondere Frauen und Kinder von sexualisierter Gewalt, struktureller Unsicherheit und dem langsamen Wiederaufbau betroffen waren. Zugleich würdigte sie die zivilgesellschaftlichen Bemühungen zur Unterstützung der Opfer, zur Förderung eines langfristigen Versöhnungsprozesses und zum Schutz vulnerabler Gruppen.

Weitere Perspektiven aus der Ukraine, Mexiko, Brasilien, Afghanistan und Vietnam machten deutlich, wie sehr sich die globale Herausforderung des Schutzes von Frauen und Kindern in konkrete lokale Realitäten übersetzt. Besonders betroffen sind vielerorts indigene Bevölkerungsgruppen. Sie sehen sich in zahlreichen Staaten sozialer und ökonomischer Benachteiligung sowie struktureller Ausgrenzung ausgesetzt und kämpfen häufig um gesellschaftliche Anerkennung und politische Teilhabe. Gerade Frauen und Kinder leiden dabei in besonderem Maße: Ihr Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung ist oftmals eingeschränkt, weil ihnen die nötigen Mittel und Ressourcen fehlen.

Im Seminar wurde deutlich, dass Aggressionen und Grenzverletzungen nicht allein vom Staat ausgehen, sondern ebenso innerhalb der Gesellschaft auftreten, etwa durch Gruppen, Netzwerke oder Einzelakteure. Schutz kann deshalb nur dann wirksam greifen, wenn ein gemeinsames Verantwortungsbewusstsein für aktives Eingreifen und solidarisches Handeln entwickelt wird.

Jenny Phillimore unterstrich in diesem Zusammenhang, dass trotz der hohen Bedeutung rechtlicher Rahmenbedingungen insbesondere das individuelle Hinsehen und Reagieren für die Betroffenen entscheidend sei.

Das Seminar wurde von Nils Fischer, Leiter des Referats Naher und Mittlerer Osten im KAAD, konzipiert und moderiert. Begleitet wurden die inhaltlichen Auseinandersetzungen durch tägliche geistliche Impulse von P. Prof. Dr. Ulrich Engel OP und P. Prof. Dr. Thomas Eggensperger OP, die ethische und spirituelle Tiefendimensionen der Seminarinhalte erschlossen und zum Nachdenken über Verantwortung, Schuld und Hoffnung anregten.

Screenshot der Startseite der Power-Point-Publikation
Teilnehmer:innen des digitalen KAAD-Seminars im interkulturellen Austausch zu Gewalt gegen Frauen und Kinder in bewaffneten Konflikten (Juni 2025).
Teilnehmer:innen des digitalen KAAD-Seminars im interkulturellen Austausch zu Gewalt gegen Frauen und Kinder in bewaffneten Konflikten (Juni 2025).