Spirituelle Tage im Kloster Herstelle - Ein Erfahrungsbericht von Svitlana Kiyko (Ukraine)

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Vom 21.07. bis zum 24.07.2022 trafen sich zwölf KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten aus neun Ländern in der gastfreundlichen Benediktinerinnen-Abtei vom Heiligen Kreuz in Herstelle, um unter der Leitung von P. Prof. Dr. Ulrich Engel OP und P. Prof. Dr. Thomas Eggensperger OP die eigene Lebenssituation zu überdenken, neue Einsichten zu gewinnen sowie einen geistlichen Impuls für den Alltag zu erhalten.

Die Corona-Pandemie hat die Welt in kurzer Zeit auf den Kopf gestellt, die Menschen isoliert, einsam und verletzlich gemacht. Wir wurden mit einem Phänomen konfrontiert, das unser Weltbild und Selbstverständnis tief erschütterte. Plötzlich wurde uns bewusst, wie fragil unser Leben trotz bedeutender wissenschaftlicher und technischer Errungenschaften ist. Immer wieder stellten wir uns die Fragen: Wie kann man diese Situation verkraften? Wie wird es nach dieser Krise weitergehen? Kann man aus Angst und Ohnmacht vor dem unsichtbaren Corona-Virus, aber auch vor anderen aktuellen Ereignissen (Kriegen, persönlichen Notsituationen) neue Hoffnung schöpfen und Lebensperspektiven entwickeln?

Vor dem Hintergrund dieser Fragestellungen trafen sich vom 21.07. bis zum 24.07.2022 zwölf KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten aus neun Ländern in der gastfreundlichen Benediktinerinnen-Abtei vom Heiligen Kreuz in Herstelle, um unter der Leitung von P. Prof. Dr. Ulrich Engel OP und P. Prof. Dr. Thomas Eggensperger OP die eigene Lebenssituation zu überdenken, neue Einsichten zu gewinnen sowie einen geistlichen Impuls für den Alltag zu erhalten. Unter der Obhut der Benediktinerinnengemeinschaft von 28 Schwestern hatte die Gruppe die Gelegenheit, den Wechsel von Gebet, Bibelgesprächen, Meditationen, geistlichen Lesungen sowie Gruppengottesdiensten zu erleben.

Die spirituellen Tage wurden stark von der Liebe zur Liturgie der Benediktinerinnen beeinflusst – wir feierten gemeinsam Laudes, Eucharistiefeiern, Stille Gebete, Mittagshoren, Vesper, Vigilien und Komplete und bewunderten dabei den einmaligen gregorianischen Gesang der Benediktinerinnen. Die Gastfreundschaft der Schwestern war überwältigend: Jeder der Gäste fand offene Ohren und Herzen für seine Fragen und Probleme. Schwester Angela Gamon, eine Diplom-Theologin, Gestaltpädagogin und Novizenmeisterin, gab uns eine inhaltsreiche Einführung in die Geschichte und das Leben der Benediktinerinnen sowie eine Führung durch Kloster und Kirche. Sie beantwortete offen, sachkundig, aber auch mit viel Humor und einer Menge Anekdoten alle Fragen der Stipendiatenschaft zum Klosteralltag, Beruf und Berufung, Ordensnamen und deren Vergabe, Rechte und Pflichten der Schwestern etc.

Neben vielen interessanten Gesprächsthemen stand auch eine gemeinsame Wanderung auf dem Programm. Da die Abtei Herstelle in einer sehr malerischen Gegend am Ufer der Weser, im so genannten Dreiländereck von Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen liegt, konnten wir nicht umhin, den Aussichtsturm zu besteigen und mehr als 300 Fotos der traumhaft schönen Gegend zu machen. Der Weser-Skywalk auf den Hannoverschen Klippen war ein echter Hingucker, der einen fantastischen Blick ins Wesertal bot. Müde, aber sehr zufrieden feierten wir anschließend die Gruppenmesse mit den jeweiligen nationalen Gesängen der Teilnehmenden. Pater Ulrich und Pater Thomas wissen es sehr gut, die Gruppenmessen innig, herzlich und geprägt von tiefem Mitgefühl zu gestalten.

Einen weiteren tiefen Eindruck hat bei allen Teilnehmenden ein ungewöhnlich starkes und einprägsames gesellschaftliches Drama, der Film „Grand Torino“ (USA, 2008) hinterlassen, der im Rahmen des Seminars gezeigt wurde. Der Film behandelt existenzielle Themen wie Leben vs. Tod, Schuld vs. Büße, fehlende Familienwerte vs. Sorgen um die Nächsten, Rassismus vs. Toleranz etc. In der Besprechung des Filmes waren sich alle einig, dass Gewalt nicht durch Eskalation zu stoppen ist, sondern noch mehr verheerendes Übel provoziert. Der Sieg des Guten ist nur möglich, wenn die Spirale der Gewalt durchbrochen wird. 

Das Programm des Seminars war sehr gut strukturiert und durchdacht. Wir hatten nicht nur Bibelgespräche und intensiven Austausch in den Arbeitsgruppen, sondern auch genug Zeit für Meditation und Selbstreflexion, um die eigene Lebenssituation zu bewerten und Chancen auf überraschend Neues zu finden. Im Vertrauen auf Gott und auf unsere Nächsten konnten viele der Stipendiatinnen und Stipendiaten in der Abtei Herstelle aus Irritationserfahrungen neue Hoffnung schöpfen.

Abgerundet wurde das Programm mit einem gemeinsamen Abschiedsabend in der Kneipe „Altes Fährhaus“, wo man sich bei Pater Ulrich, Pater Thomas und allen anderen Teilnehmenden die Freundlichkeit, die tollen Gespräche sowie eine einzigartige Atmosphäre bedankte.

Ein herzliches Dankeschön an alle, die dabei waren!

 

Bootsfahrt der Teilnehmenden des Seminars über die Weser
Pater Thomas und Pater Ulrich mit der Gruppe bei der Besichtigung des Kloster-Friedhofs
Die Seminarteilnehmenden im Gruppenraum