Die 34. Jahresakademie des KAAD widmete sich in diesem Jahr dem Thema „Macht und Freiheit der Sprache: Identitätspolitiken und Sprachbiographien“ und führte im virtuellen Raum 320 Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie Alumni und Gäste aus 50 Ländern zusammen. Vier Tage lang (vom 22. bis zum 25. April) beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den diversen Facetten dieses Themas. Außerdem fand zum ersten Mal eine inhaltliche Kooperation mit dem Cusanuswerk statt, das ein Forum zum Thema „Sprache und Wahrheit in den Medien“ verantwortete.
Das Akademiethema Sprache ist wie kaum ein anderes prägend und kennzeichnend für die weltweite Gemeinschaft des KAAD: Nicht nur als Kommunikationsmittel wesentlich, kennzeichnet Sprache die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft im Allgemeinen, die Identität im Speziellen, prägt das Denken und ist schlicht dasjenige Medium, durch das sich der Mensch die Welt erschließt; Sprache ist dasjenige, womit der Mensch sich selbst erzählt und womit er die Beziehung zu seinen Mitmenschen gestaltet. Sprache kann Ursache von Kriegen sein, indem sie entweder als Mittel der Anheizung (Stichworte: Propaganda und Fake News) fungiert oder – etwa durch die Unterdrückung einer Sprache in einem Land – als Gegenstand des Konfliktes selbst wahrgenommen wird. Sprache ist zudem der Spiegel gesellschaftlicher Realitäten, als solcher wandelbar und Schauplatz von Debatten und Kämpfen. So sind mit dem Phänomen der Sprache verschiedene Dimensionen – philosophische, politische oder religiöse – verknüpft.
In einem Podiumsgespräch mit Alumni sowie Stipendiatinnen und Stipendiaten aus allen fünf Regionen wurden die Ebenen der eigenen biographischen Prägung durch verschiedene Sprachen sowie der damit verknüpften Identitätspolitiken in den Blick genommen. Weitere Aspekte dieses Themas – sei es die liturgische und spirituelle Dimension einer bestimmten Sprache und die Frage, inwieweit Sprache „Heimat“ bedeuten kann, sei es das Phänomen der Mehrsprachigkeit, die Debatten um Genus und Geschlecht in Sprachen oder die Relevanz bzw. der Reiz der deutschen Sprache – wurden in den Foren am Samstag behandelt.
Den Höhepunkt der Akademie bildete eine feierliche Veranstaltung am Freitagabend. Dabei wurden der bisherige Generalsekretär in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet und anschließend der neue Präsident und die neue Generalsekretärin in ihre Ämter eingeführt. Außerdem wurden die Preise der „KAAD-Stiftung Peter Hünermann“ für 2020 und 2021 vergeben.
Weihbischof Wilfried Theising, Bischöflicher Beauftragter für den KAAD, würdigte die 32-jährige Tätigkeit von Dr. Hermann Weber als Generalsekretär des KAAD und hob dabei seine Verdienste um die weltkirchliche Gemeinschaft hervor. Im Anschluss interviewte die KAAD-Stipendiatin Francisca Atieno Odero, Doktorandin der Germanistik aus Kenia, Herrn Dr. Weber zu seiner Zeit im KAAD. Dabei wurde deutlich, wie sehr das thematische Anliegen der Jahresakademie mit Herrn Dr. Webers Wirken verknüpft ist: Sprache, Sprachbiographien und Identität als Schlüsselaspekte des KAAD und seiner Stipendiatinnen und Stipendiaten. Zudem wurde das Abschiedsgeschenk der Geschäftsstelle des KAAD an Herrn Dr. Weber – eine Komposition des brasilianischen Komponisten, Gitarristen und Alumnus des KAAD Rogério Dentello – von der brasilianischen Pianistin Dr. Eliana Asano vorgetragen.
Weihbischof Theising führte P. Dr. Hans Langendörfer SJ als neuen Präsidenten des KAAD ein und begrüßte die neue Generalsekretärin Dr. Nora Kalbarczyk, die ihr Amt zum 1. März angetreten hat. P. Dr. Langendörfer, der selbst aus dem Bereich der Friedensethik kommt und als langjähriger Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz auch mit der Weltkirche bestens vertraut ist, stellte die Friedens- und Versöhnungsarbeit in den Mittelpunkt und betonte, dass er sich auf den Austausch mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten sowie den Alumni und Partnern freue.
Die neue Generalsekretärin wiederum unterstrich in ihrem Gespräch mit dem Weihbischof die Kontinuität zu ihrem Vorgänger, ging gleichzeitig aber auch darauf ein, dass aktuelle globale Entwicklungen und Herausforderungen neue Ansätze zur weiteren Umsetzung der Kernanliegen des KAAD erforderten. Dabei verwies sie auch auf das Format der diesjährigen Jahresakademie, die aufgrund der Pandemie virtuell durchgeführt werden musste und die in kontaktarmen Zeiten Begegnung und Austausch ermöglichte.
Ebenfalls am Freitagabend ehrte der KAAD-Ehrenpräsident, Prof. em. Dr. Peter Hünermann, den KAAD-Alumnus Dr. Lauro Sitzmann aus Paraguay für seine Verdienste im Gesundheitswesen mit dem Preis der „KAAD-Stiftung Peter Hünermann“ des Jahres 2020. In seiner Laudatio würdigte Dr. Thomas Krüggeler, Referatsleiter Lateinamerika, Dr. Sitzmann als einen Arzt, der umfassend, solidarisch und nachhaltig das Gesundheitswesen seines Landes geprägt und eine genossenschaftliche Gesundheitsversicherung aufgebaut hat.
Den Preis des Jahres 2021 übergab Prof. Hünermann an die Friedens- und Konfliktforscherin Dr. Constansia Mumma-Martinon aus Kenia für ihr Engagement in der Versöhnungsarbeit ihres Heimatlandes. Dr. Marko Kuhn, Referatsleiter Afrika, nannte die Preisträgerin in seiner Laudatio eine leidenschaftliche Wissenschaftlerin und Praktikerin im Bereich der Friedens- und Versöhnungsarbeit. In ihrer Ansprache dankte Dr. Mumma-Martinon dem KAAD und ermutigte zugleich die Stipendiatinnen, Stipendiaten und Alumni, ihre Möglichkeiten als Multiplikatoren und Change Agents zu nutzen. Die Preisübergabe wurde durch musikalische Beiträge aus Brasilien und Ghana bereichert.
Im Verlauf von vier Tagen wurden alle Programmpunkte unserer Jahresakademie in unterschiedliche virtuelle Formate übersetzt: von der Sitzung der Vertrauensdozent/innen sowie dem Treffen der Regionalgruppen über die interreligiöse Begegnung im Gebet, die Internationale Soirée („Folkloreabend“) und mehrere Podiumsgespräche zur weiteren inhaltlichen Vertiefung in fünf Foren bis hin zu den Treffen der Fachgruppen und dem Festakt am Freitagabend. Auch der Internationale Gottesdienst konnte stattfinden und übertragen werden.
Der KAAD hat mit dieser virtuellen Akademie erfolgreich Neuland betreten – und wird einige dieser Formate, die zum ersten Mal zahlreiche Alumni und Partner in den jeweiligen Heimatländern mit den Stipendiatinnen und Stipendiaten in Deutschland zusammengebracht hat, mit in die Zeit nach der Pandemie nehmen.
All das ist auf dieser Seite dokumentiert; auch die Aufnahmen der Abendveranstaltung wurden hier verfügbar gemacht.