„Welt-Kirche im Aufbruch. Fokus: Afrika“ - Jahrestagung des Cusanuswerks in Kooperation mit dem KAAD

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Rund 800 aktuelle und ehemalige Geförderte des Cusanuswerks sowie Personen aus Wissenschaft und Kirche, Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien kamen vom 10. bis zum 12. Juni 2022 in Baarlo/Venlo (Niederlande) zusammen, um auf der Jahrestagung des Cusanuswerks über die Zukunftsperspektiven der katholischen Kirche weltweit zu diskutieren.

Rund 800 aktuelle und ehemalige Geförderte des Cusanuswerks sowie Personen aus Wissenschaft und Kirche, Wirtschaft, Politik, Kultur und Medien kamen vom 10. bis zum 12. Juni 2022 in Baarlo/Venlo (Niederlande) zusammen, um auf der Jahrestagung des Cusanuswerks über die Zukunftsperspektiven der katholischen Kirche weltweit zu diskutieren. Im Fokus stand dabei die katholische Kirche in Afrika, die mit ihrem Wachstum und ihrer eigenen kulturellen Dynamik zunehmend die Weltkirche prägt. Die Jahrestagung fand dieses Jahr konzeptionell und personell in enger Abstimmung mit dem KAAD statt. So nahmen 25 Stipendiatinnen und Stipendiaten – aufgrund der thematischen Ausrichtung der Veranstaltung vorwiegend aus afrikanischen Ländern, aber auch aus Palästina, Ägypten, Kolumbien, Armenien, Litauen, Bangladesch, Myanmar und Indonesien – des KAAD teil. Wie schon bei der KAAD-Jahresakademie im April (an der wiederum Geförderte des Cusanuswerks teilgenommen haben) waren der Synodale Weg, den die katholische Kirche in Deutschland geht, und die Weltbischofssynode, die aktuell unter Beteiligung von Gläubigen in allen Ländern der Welt vorbereitet wird, wichtige Anknüpfungspunkte in der thematischen Auseinandersetzung.

Im Rahmen der Eröffnung der Tagung formulierte Prof. Dr. Georg Braungart, Leiter des Cusanuswerks, das Ziel der Jahrestagung, das darin läge, „das Potenzial der Religion, insbesondere des Christentums und des Katholizismus [zu erkunden], in einer Haltung, die jede Asymmetrie zu vermeiden sucht und immer auch die Austauschprozesse, die Verbindungen und Wechselwirkungen im Blick hat.“ Dabei wurde insbesondere danach gefragt, was „die Kirchen und Gesellschaften Europas und Afrikas voneinander lernen – und wie […] sie sich gegenseitig unterstützen“ können. Dr. Thomas Scheidtweiler,Generalsekretär desCusanuswerks, konnte noch auf seine eigenen Erfahrungen als ehemaliger Referatsleiter Afrika beim KAAD zurückschauen, wenn er bezüglich der Kirche in Afrika von einer „geradezu atemberaubenden Dynamik“ sprach und von „wesentlichen Impulsen für die Weltgemeinschaft“, die von Afrika ausgingen.

Prof. Dr. Bernhard Spielberg (Lehrstuhl für Pastoraltheologie an der Universität Freiburg) skizzierte die globale Entwicklung der katholischen Kirche in einem Impulsvortrag. Dr. Nora, Kalbarczyk, Generalsekretärin des KAAD, leitete die anschließende Podiumsdiskussion, an der neben BernhardSpielberg,P. Dr. Moses Asaah Awinongya SVD (Dozent für Dogmatik und Ökumenischer Dialog, Köln), Sr. Jacinta Kitonyi (Pastoralreferentin, Bistum Münster), Dorothee Klüppel (Misereor, Aachen) und Prof. Dr. Dr. Claude Ozankom (Fundamentaltheologie, Bonn) teilnahmen. Dabei ging es u. a. um den Vergleich der pastoralen Situation in Afrika und in Europa bzw. Deutschland. Es herrschte Einigkeit darüber, die Vielfalt und das Glaubenszeugnis unterschiedlicher katholischer Ortskirchen zur Geltung zu bringen und sich gegenseitig aufmerksam zuzuhören, um voneinander zu profitieren und die jeweils eigene Lage besser zu verstehen.

In acht verschiedenen Foren vertieften die Teilnehmenden dann die Thematik durch die Beschäftigung z. B. mit Kolonialgeschichte und Mission, der Bedeutung der weltweiten Pfingstbewegung oder mit der Intervention durch kirchliche Hilfswerke. Unter der Überschrift „Ecclesia Semper Reformanda – auch in Afrika?“ leitete Dr. Marko Kuhn, Referatsleiter Afrika beim KAAD, ein Forum, in dem Prof. Dr. Dr. Claude Ozankom einen Blick auf den Konsultationsprozess zur Weltbischofssynode warf, der durch den Vatikan angeregt in vielen Pfarreien und Diözesen afrikanischer Länder schon zu lebendigen Diskussionen geführt hat. Ozankom ordnete die katholischen Reformprozesse ekklesiologisch und vor dem afrikanischen Kontext ein. Danach kamen auch KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten aus Afrika und anderen Teilen des globalen Südens zu Wort. Sie berichteten aus der Sicht ihrer jeweiligen Ortskirchen, ob und in welchen Bereichen es Diskussionen über kirchliche Reformen gab, gibt oder geben wird. Auch Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel CM, Erzbischof der Äthiopisch-katholischen Kirche und Metropolit der Kirchenprovinz Addis Abeba, berichtete in einem der Foren von der Situation seiner Ortskirche in Äthiopien und den dortigen Herausforderungen.

Am letzten Tag der Jahrestagung hielt Prof. Dr. Philomena Njeri Mwaura (Department of Philosophy and Religious Studies, Kenyatta University, Nairobi) – ein langjähriges Mitglied des KAAD-Partnergremiums in Kenia – den Festvortrag „The Church in Africa and Patriarchy: African Women Speak out“. Philomena Mwaura betonte in ihrem Festvortrag, dass in vielen Kirchen in ganz Afrika die Ungleichheit der Geschlechter eine theologisch begründete Norm sei, obwohl es für sie in Christus keine Rassen-, Geschlechts- oder Standesunterschiede gibt. Sie stelle zwar fest, „dass in Bezug auf die Stärkung von Frauen in Gesellschaft und Kirche viel erreicht wurde“, dennoch hält sie die Spannung zwischen der momentanen Praxis im afrikanischen Katholizismus und der Gleichstellung der Geschlechter für ein aktuelles und dringendes Problem, vor allem angesichts der kardinalen christlichen Doktrin von der Gleichheit aller vor Gott. Sie schlug Strategien für eine geschlechtergerechte Kirche vor und schlussfolgerte, dass die Exklusion von Frauen in geweihten Ämtern der Kirche auch in Afrika nicht aufrechterhalten werden kann.

Im Anschluss an diesen Vortrag leitete MarkoKuhn zum Abschluss der Jahrestagung eine weitere Podiumsdiskussion, bei der jeweils zwei Stipendiatinnen bzw. Stipendiaten des KAAD und des Cusanuswerks zu Wort kamen.

Den feierlichen Ausklang bildete dann der Festgottesdienst, der von Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel CM und dem „Cusanus-Bischof“, Weihbischof Dr. Christoph Hegge, gefeiert wurde.

Für die KAAD-Stipendiatinnen und Stipendiaten war die Teilnahme an der Cusanus-Tagung ein besonderes Erlebnis: so viele junge und aktive europäische Katholikinnen und Katholiken auf einem Fleck zu sehen beeindruckte sie, weil sie ein solch dynamisches Bild von jungen christlich-kirchlich geprägten Menschen in Deutschland normalerweise nicht erleben. Ein juveniles Gesicht der katholischen Kirche kennen sie sonst eher aus ihren Heimatländern Afrikas, Asiens oder Lateinamerikas. Dass die Forderungen nach Reformen, wie sie der Synodale Weg in Deutschland nach vorne bringt, nicht nur aus einer Haltung des Aktionismus heraus kommt, wurde von den KAAD-Teilnehmenden vielfach als „Take-Home-Message“ formuliert. Auf der Jahrestagung konnten somit auch Christinnen und Christen aus dem globalen Süden feststellen, dass das Streben nach Erneuerung und „Verheutigung“ der Kirche sehr wohl auf der Basis tiefer Spiritualität junger Leute entsteht.

Darüber hinaus wurde deutlich: Aufbruch und Wandel, aber auch Dialog und internationale Zusammenarbeit sind notwendig, damit die katholische Kirche als weltweit größte institutionell organisierte Religionsgemeinschaft menschliche Entwicklung, Frieden und Versöhnung auch in Zukunft wirksam fördern kann.

 

Dr. Nora Kalbarczyk im Gespräch mit Kardinal Berhaneyesus D. Souraphiel CM

Podium der Cusanus-Jahrestagung