Vietnam

Thái Huỳnh Anh Chi

geb. 1985  
2003-2007 Studium der Geographie an der Hue University of Education, Vietnam (B.A.)
2008-2010 der Geographie an der Hanoi National University of Education, Vietnam (M.A.)
2013-2016 Promotioinsstudium an der Universität Heidelberg zum Thema „Community Based Tourism“ in der vietnamesischen Bergregion Kon Tum (magna cum laude)
2017-2021 Tätigkeit am Institute of Education (IRED), Ho Chi Minh City, Vietnam
seit 2020 Lektorin für Sozialwissenschaften an der Ho Chi Minh City Open University, Vietnam
   

Thái Huỳnh Anh Chi, genannt Anh Chi, ist Sozialwissenschaftlerin und Humangeographin. Als KAAD-Alumna (Promotion in Humangeographie an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg) arbeitet sie heute als Lektorin und Dozentin für Sozialwissenschaften an der Open University in Ho Chi Minh City und ist verantwortlich für die Betreuung der vietnamesischen Stipendienbewerber für den KAAD. Anh Chi legt nicht nur eine beeindruckende Bildungsbiographie vor, die ohne den KAAD kaum denkbar gewesen wäre, sondern verbindet auch beispielhaft die Suche nach persönlicher Authentizität und sozialem Engagement mit dem Wirken und den Zielen des KAAD.

Die lebendige und sympathische Mitdreißigerin mit einer kleinen Familie stammt aus einem Dorf aus Kon Tum, einer Bergregion in Vietnam, die vor allem für Kaffee- und Kautschukanbau bekannt ist und bei wunderbarster Natur eine der ärmsten Regionen Vietnams darstellt. Die aus einer katholischen Familie stammende Anh Chi studierte nach dem Schulabschluss in der benachbarten Küstenprovinz Hue. Dort erhielt sie eine Ausbildung, die darauf ausgerichtet war, später einmal Geographie an einer weiterführenden Schule zu unterrichten. Das Geographiestudium setzte sie dann mit einem Masterstudium an der Hanoi National University of Education fort.

Die hochgelegene, kühle Heimat von Anh Chi ist in den heißen Sommermonaten ein herrlicher Rückzugsort für gestresste Städter, aber auch internationale Touristen lieben die abgeschiedene Bergregion. Die Frage danach, wie sich hier verantwortungsvoll Tourismus aufbauen lässt, bewegt die Alumna seit ihrem Masterstudium. So verfolgte sie das Konzept eines von der lokalen Gemeinschaft entwickelten Tourismus (‚Community Based Tourism‘) und unternahm Feldforschungen vor Ort, in denen sie beispielsweise der Frage nachging, ob statt uniformer Betonkonstruktionen nicht reetgedeckte, hochaufragende Rong-Häuser im Hotelwesen eingesetzt werden können. Mit ihren Forschungen möchte sie etwas für ihre Heimat bewirken und die Zukunft mitgestalten
– ihr Antrag auf ein KAAD-Stipendium wurde daher von dem Physikprofessor und KAAD-Alumnus Thầy Vũ Quang Tuyên unterstützt.
Von 2013-2016 konnte Anh Chi mithilfe des KAAD in Heidelberg bei Prof. Dr. Hans Gebhardt in Humangeographie promovieren und an internationalen Konferenzen in Istanbul, Wien und Kyoto teilnehmen. Die freie, offene Diskussionskultur in Heidelberg führte sie zu neuen Horizonten. Ihr Doktorvater besuchte ihr Feldforschungsprojekt und sie organisierte im Anschluss an ihre Promotion eine Studienreise für das Institut nach Vietnam.

Zurück in der Heimat war Anh Chi stark ernüchtert: Die Enge des universitären Lebens in Vietnam war sie nicht mehr gewohnt. Sie wollte sich für die Gesellschaft und einen nachhaltigen Tourismus engagieren, der die Kultur der lokalen Gemeinschaft zu einem charakteristischen Produkt entwickelt, aber sie nahm immer stärker wahr, dass die Umsetzung ihrer Forschungen sehr von politischen und sozio-ökonomischen Faktoren sowie dem allgemeinen Umgang mit Naturressourcen abhängt.
Mehrere Angebote für angesehene Dozententätigkeiten schlug sie aus und stieg bei einer NGO mit ein. So konnte sie alles, was sie methodisch in ihrer Ausbildung gelernt hat, drei Jahre lang als Educational Manager beim IRED (Institute of Education) voll und ganz einsetzen.

Im Jahr 2020 kehrte Anh Chi schließlich an die Universität zurück. Sie unterrichtet an der bekannten Open University als Lektorin und Dozentin für Sozialwissenschaften und gibt Kurse im Bereich der Kulturgeographie, etwa zu „Sustainable Tourism“ oder „Eco Tourism“. In der Forschung stellt sie sich der Herausforderung des Umgangs mit großen Datenmengen, den ‚big data‘, als methodische Zusatzqualifikation. Einerseits bietet ihr die damit verbundene Forschung mehr Freiheit, da sie hierfür nicht, wie für Feldforschungen, auf Genehmigungen angewiesen ist. Andererseits ist sie davon überzeugt, dass sie in diesem Kontext Zusammenhänge erschließen kann, die konkrete Erkenntnisse zur Verbesserung des gesellschaftlichen Lebens bieten werden.

Anh Chi ist dankbar dafür, wie der KAAD ihr Leben geprägt hat: „Das Stipendium war ein großes Geschenk für mich. Durch den KAAD bin ich mit Menschen in Kontakt gekommen, deren starkes Engagement im Dienste der Gemeinschaft mich beeindruckt.“ Mit großer Verantwortung setzt sie sich heute als Mitglied des Partnergremiums für die Bewerberinnen und Bewerber, Stipendiatinnen und Stipendiaten des KAAD ein. Das Ziel, wahrhaftig zu sich selbst zu sein, geht so einher mit einem nachhaltigen Einsatz für die Gesellschaft und auch für die KAAD-Gemeinschaft: „Ich habe mir überlegt, wie ich einen Beitrag leisten und etwas zurückgeben kann. Und es funktioniert gut: Ich kann mit der Kirche hier in Saigon und Pfarrer John Le Quang Viet, der für die Jugend zuständig ist, in Kontakt treten. Außerdem bin ich selbst jung und kann gut mit jungen Menschen kommunizieren, die an einem Stipendium interessiert sind. Ich kenne ihre Schwierigkeiten.