Fachgruppen

Fachgruppentreffen 2022

Die Öffnung der Fachgruppe „Religion im Dialog“ für Alumni auf der letzten Jahresakademie 2021 bot neue Horizonte der Interaktion.

Während vor dem Treffen noch Überlegungen im Raum standen, wie sich die Dynamik der Interaktion präsentisch fortführen lassen könnte, ließ das Treffen selbst dann alle Zweifel daran schwinden, dass sich das Virtuelle und das Physische selbst in unterschiedlichen Konstellationen konstruktiv ergänzen. Die Freude darüber, dass das Beisammensein auch über das Jahr hinweg virtuell im größeren Kreis fortgeführt werden soll, war groß, ebenso wie das lebhafte Interesse am Austausch.

Die 21 Teilnehmenden waren größtenteils Stipendiatinnen und Stipendiaten des KAAD, aber auch aus dem angegliederten Albertus-Magnus-Programm und vom Cusanuswerk nahmen Interessierte teil. Prof. Dr. Esther-Maria Guggenmos, Religionswissenschaftlerin an der Universität Lund und ehemalige Leiterin des Asienreferates des KAAD, leitete zusammen mit dem Generalsekretär i. R.,Dr. Hermann Weber, und dem neuen Asienreferatsleiter, Dr. Anselm Feldmann, die Sitzung. Nach einem kurzen Rückblick auf das vergangene Jahr, in dem der Austausch im Rahmen des Sommerworkshops der Asien-Alumni, eine gemeinsame Sitzung mit der Görres-Gesellschaft sowie der Hauptvortrag des Asienseminars zu „Rhetoriken interreligiöser Entfremdung“ stattfanden, ergab die erste Vorstellungsrunde, dass ein Großteil der Teilnehmenden anthropologisch forscht und aktuelle Feldforschungsprojekte an die Thematik der Gruppe anknüpfen. Die Faszination darüber führte zu vielen Nachfragen und zu einem ausführlichen Protokoll, durch das in den Folgemonaten des Jahres 2022  auf viele der Projekte und Veröffentlichungen zurückgegriffen werden kann.

Der anschließende Vortrag von Albertus-Magnus-Stipendiat P. Bartolomiej Warowny, der in Freiburg i. Br. zum Denken Berhard Härings promoviert, war eine intellektuell brillante und nach der detailgespickten Projekt- und Vorstellungsrunde sehr gelungene Abwechslung. Die Zuhörenden tauchten in die Welt des heute viel zu selten beachteten und doch für die gesamte moraltheologische Erneuerung im Zuge des Zweiten Vatikanums so prägenden Moraltheologen Bernhard Häring (1912-1998) ein. Bekannt für Werke wie „Das Gesetz Christi“ (1954) und „Frei in Christus“ (1979-1981) sind sein internationales Wirken zwischen Rom und den Vereinigten Staaten sowie die Personenzentriertheit seines moraltheologischen Ansatzes beeindruckend. Besonders relevant für die Gruppe ist dabei, dass Bernhard Häring den interreligiösen Dialog als unabdingbar für das christliche Leben sah. Im Rahmen der Christusnachfolge ergibt sich notwendigerweise eine dialogische Begegnung, die eine Selbstveränderung herbeirufen kann, die den christlichen Glauben intensiviert, anstatt ihn aufzulösen. Dabei bezieht Häring in seine Überlegungen die ihm zu seiner Zeit zur Verfügung stehenden Quellen wie etwa das Denken Mahatma Gandhis oder konfuzianische Grundansichten mit ein.  

Nach einer wohlverdienten Mittagspause ging es am Nachmittag darum, ein mögliches Publikationsprojekt auszuloten. Bereits im letzten Jahr schlossen sich – kongruent zum Thema der Jahresakademie – Reflexionen zur Sprache und Übersetzbarkeit des Korans an. Den Synodalen Weg als Thema der diesjährigen Jahresakademie fasste die Gruppe als Teil einer intensiven Suche der katholischen Kirche nach Antworten auf einen gesamtgesellschaftlichen Wandel auf, der sich durch den Exodus aus den institutionell verfassten christlichen Kirchen in Deutschland auszeichnet. „Was ist, wenn nur eine kleine Gemeinschaft bleibt?“ mag mancher sorgenvoll fragen – und genau im Umgang mit diesen Überlegungen zeigte sich, was eine internationale Reflexionsgemeinschaft wie den KAAD ausmacht, denn die Teilnehmenden stellten fest, dass genau dieses Nachsinnen Teil der KAAD-Gemeinschaft sei.

In Analogie zu den Reflexionen über kleine christliche Gemeinschaften stellte der KAAD-Stipendiat Martinus Ariya Seta im Anschluss sein Promotionsprojekt („The Religious Tolerance in School and the Religious Identity of the Catholic Students in Senior High School in Yogyakarta City“) vor, das die Situation der christlichen Minderheit in Indonesien beleuchtet. In Asien sind die Philippinen das einzige Land mit einer christlichen Bevölkerungsmehrheit. Im Jahr 2023 will die Fachgruppe sich damit auseinandersetzen, wie es ist, „wenn Christen in der Minderheit sind“. Dazu wurden erste mögliche Beiträge und Strukturierungen diskutiert, die Notwendigkeit einer Sensibilisierung gegenüber dem Minderheitsbegriff betont und der Austausch in einem virtuellen Nachtreffen am 11. Juni 2022 fortgeführt. Hier nahm das Projekt konkrete Formen an: die Fachgruppe will Christen in Europa inspirieren, indem sie ihre Erkenntnisse darüber weitergibt, was es bedeutet, in Gesellschaften, in denen die christliche Stimme nur eine unter vielen ist Christ zu sein.  Wo gibt es Chancen, wo gibt es Fallstricke? Und welche Wege gibt es, die eigene Rolle in der Gesellschaft zu gestalten? Einige der Beiträge werden forschungsorientiert sein, andere werden persönliche Erfahrungen einbringen. Dazu werden einzelne Länder vorgestellt und systematisch übergreifend Verbindungslinien gezogen werden.

Eine besondere Freude war es für die Fachgruppe, dass das libanesische Partnergremium, welches auf der Jahresakademie 2022 den Preis der KAAD-Stiftung Peter Hünermann verliehen bekam, die Diskussionen mit Beispielen aus der Forschung und konkreten Überlegungen bereicherte.