Das Seminar, das auf dem Thomashof in Karlsruhe stattfand, war zudem nicht akademisch angelegt, sondern sozialpädagogisch geprägt. Ziel war es, das eigene Verständnis von Männlichkeit zu hinterfragen und sich gesellschaftlich geprägten Rollenbildern von Männlichkeit bewusst zu werden, um Emotionen besser einordnen, kommunizieren und leben zu können und so zu einem respekt- und liebevollen Miteinander in Gesellschaft, Familie und Partnerschaft beitragen zu können.
Die pädagogische Arbeit leitete Jonathan Kienast von der Männerfürsorge der Erzdiözese Freiburg zusammen mit Markus Schachtner, Gymnasiallehrer und Tanztherapeut. Unter Verwendung von C. G. Jungs Archetypen ͵König’, ͵Magier’, ͵Krieger’ und ͵Liebhaber’ wurden unterschiedliche Aspekte von Männlichkeit betrachtet und reflektiert. Die Gruppe – bestehend aus insgesamt 17 Stipendiaten aus Äthiopien, Bolivien, China (Albertus-Magnus-Programm), Ghana, Indien, Kambodscha, Myanmar, Russland, Simbabwe, Tansania, Uganda, Vietnam und von den Philippinen – wurde durch einen weiteren Stipendiaten des Cusanuswerks aus Deutschland ergänzt. In der Vorstellungsrunde band jeder Teilnehmer ein Lederband an den Stamm eines Weinstocks als Symbol der besonderen Gemeinschaft in dieser Gruppe, in der die Teilnehmer auch durch bewegungs- und tanztherapeutische Methoden die Mehrdimensionalität ihrer Männlichkeit weiter erfahren und in Diskussionsrunden, die der Reflexion dienten, weiter vertiefen konnten. Die ethnische Diversität der Gruppe war dabei sogar besonders hilfreich, da unterschiedliche Rollenverständnisse aktiv von den Teilnehmern in die Gruppe eingebracht und kritisch, aber immer respektvoll, diskutiert wurden. Das Ergebnis war die einhellige Meinung der Gruppe, dass sich jeder Teilnehmer zum einen die gesellschaftlichen Erwartungshaltungen von Männlichkeit bewusst machen und kritisch hinterfragen konnte und zum anderen, dass jeder seine eigene Männlichkeit als sehr vielschichtig erkennen und so, gemäß des Titels des Seminars, neu denken konnte.
Teil des Programms war auch ein Besuch der Ausstellung „Global Family“ im BadischenLandesmuseum Karlsruhe. Die Exposition zeichnet die weltweiten Familiennetzwerke von Migranten, die in Karlsruhe leben, nach und bot den Stipendiaten die Möglichkeit, ihr Verständnis von und ihr ͵Sein’ in globalen Familiennetzwerken zu diskutieren und später wieder in die Gruppenarbeit der pädagogischen Workshops einfließen zu lassen. Das interaktive Element der Ausstellung, die eigenen Familienverbindungen auf einer Weltkarte mit Fäden visuell darzustellen, wurde von den Stipendiaten sehr gerne genutzt. Nach einer kurzen Reflexionsrunde dazu konnten die Teilnehmer weitere Ausstellungen des Landesmuseums sowie die Fächerstadt Karlsruhe erkunden.
Der gemeinsame Gottesdienst unter Leitung von Pater Prof. Dr. Thomas EggenspergerOP bildete das spirituelle Highlight des Seminars. Die musikalische Begleitung durch Gesänge aus der ganzen Welt sowie die gemeinschaftliche Erfahrung in Kommunion und Gebet vertiefte die Gemeinschaft, die aus diesem sehr besonderen Seminar erwuchs. Das Seminar wird den Teilnehmern noch lange positiv in Erinnerung bleiben. Als Erinnerung konnte jeder das Lederband, das zu Anfang an den Weinstock gebunden wurde, mit nach Hause nehmen.