„Zukunft hat der Mensch des Friedens“: Der KAAD auf dem Katholikentag

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Vom 29. Mai bis zum 2. Juni fand der 103. Katholikentag in Erfurt statt, bei dem der KAAD mit einer Gruppe von 45 Stipendiatinnen und Stipendiaten, Mitarbeitenden, der Leitung sowie einem Stand auf der Kirchenmeile vertreten war.

Der Katholikentags war für den KAAD von einer Vielzahl an Kooperationsveranstaltungen geprägt, an denen sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten des KAAD oft selbst unmittelbar einbringen konnten.

Ein besonderes Highlight war das Podium „Die sozialökologische Transformation beschleunigen – Welchen Beitrag muss die Wirtschaft leisten?“ mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck, dem Ökonomen Prof. Dr. Johannes Wallacher, Karin Kortmann (ZdK) und Katharina von Bronswijk, das der KAAD gemeinsam mit Justitia et Pax und Misereor vorbereitet hat und vor dessen Beginn es zu einer inspirierenden Begegnung der KAAD-Gruppe mit dem Vize-Kanzler der Bundesrepublik kam, auf die er auch vor Veranstaltungsbeginn noch einmal wertschätzend einging. Die nachfolgende Debatte fokussierte sich auf die Möglichkeiten, den Verkehrssektor in Deutschland erfolgreich sozialökologisch umzugestalten. Dabei wurden die Herausforderungen für die Wirtschaft ebenso thematisiert wie die Unabdingbarkeit nachhaltiger Energieversorgung, die Zukunftsängste insbesondere der jüngeren Generation, die Generationengerechtigkeit sowie die sozialethische Perspektive auf den Transformationsprozess. 

Gemeinsam mit dem Bundesverband Katholische Kirche an Hochschulen konnten wir darüber hinaus die Werkstatt „Beeil dich, Innerer Friede, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit! – Mental Health – internationale Perspektiven junger Erwachsener“ initiieren. In diesem fruchtbaren Workshop kamen 19 unserer Stipendiatinnen und Stipendiaten mit 15 jungen Menschen aus unterschiedlichsten deutschen Bildungseinrichtungen zusammen und diskutierten über Leistungsdruck, aber auch über Einsamkeit, die Häufigkeit und das Gefahrenpotenzial des Medienkonsums, das Erlernen der richtigen Priorisierung von Dingen und über Diskriminierung und Heimweh von internationalen Studierenden. Der Workshop leistete so einen Impuls im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe und zeigte auf, dass es viele Möglichkeiten der Unterstützung und auch der Selbstaktivierung gibt, die von jungen Menschen in den besonderen Herausforderungen eines Studiums genutzt werden können.

Auf einer weiteren Podiumsdiskussion ging Bischof Tesfaselassie Medhin aus Äthiopien, der bereits vor dem Katholikentag an einem Dialogforum mit äthiopischen Studierenden in Bonn teilgenommen hatte, auf die „Flucht in Zeiten steigender Zahlen und sinkender Solidarität – Realitäten aus Äthiopien und Deutschland“ ein und berichtete von dem Krieg und unermesslichen Leiden in seiner Heimat Tigray. Gleichzeitig betonte er, wie wichtig es sei, die Hoffnung nicht aufzugeben und zeigte auf, wie dies möglich sein kann. Im Anschluss bedankte sich Msgr. Pirmin Spiegel, Hauptgeschäftsführer von Misereor und Angehöriger der Mitgliederversammlung des KAAD, bei Bischof Tesfaselassie Medhin für seinen Einsatz für den Frieden und betonte, dass es unbedingt notwendig sei, dass uns das Leiden anderer nicht gleichgültig sei – auch mit Blick auf eine gute Entwicklungszusammenarbeit. 

Ebenfalls fanden während des Katholikentages zwei KAAD-Seminare statt, in deren Rahmen die Stipendiatinnen und Stipendiaten verschiedene Diskussionsforen und Veranstaltungen mit Bezug zur Entwicklungspolitik und Verbindung der deutschen Kirche mit Lateinamerika, Asien, Afrika, dem Nahen Osten und Osteuropa besuchten. Unter dem Titel „Christsein und Christliche Identität in der Minderheit“ ging ein Teil der Gruppe den Fragen nach, inwiefern die Identität einer religiösen Minderheit ein stärkender Faktor ist und wie Menschen in Deutschland vom Christsein der Menschen aus dem Globalen Süden oder aus Osteuropa lernen können. Die andere Gruppe beschäftigte sich mit den „Mechanismen des Extremismus und wie wir sie aufbrechen – Eine Reflexion über Radikalisierung“.

Da viele der KAAD Stipendiatinnen und Stipendiaten in ihren Herkunftsländern als Christinnen und Christen zu einer Minderheit gehören, konnten in den Diskussionen der ersten Seminargruppe oft Parallelen und Gemeinsamkeiten in Narrativen und Erlebtem über die kontinentalen und nationalen Grenzen hinweg gefunden werden. Auch wurden Ähnlichkeiten zur Situation von Christinnen und Christen im heutigen säkularen Ost-Deutschland eruiert. Wie vielschichtig und komplex sich die Thematik von Identität und Zugehörigkeitsempfinden in diesem Diskurs darstellt, wurde in dem Workshop „In der Minderheit – hier und dort“ mit muslimischen und christlichen Studierenden in Deutschland klar, den der KAAD in Zusammenarbeit mit dem Gesprächskreis „Christen und Muslime“ beim ZdK initiiert hat. Während die Gruppe des KAAD hier vor allem Verfolgung und Diskriminierung in ihren Herkunftsländern in die Diskussion, die in Kleingruppen stattfand, einbrachte, legten die Teilnehmenden des Gesprächskreises ihre Erfahrungen mit Diskriminierung in Deutschland und die Schwierigkeit, nirgendwo richtig hinzugehören, offen. Dabei wurde schnell klar, dass diese Debatte in einem Seminar vertieft werden sollte, um der Vielschichtigkeit gerecht zu werden. Der Austausch war somit ein erster Aufschlag in Richtung einer tiefergreifenden Debatte, die zu einem besseren Verständnis untereinander beitragen soll. Spirituelle Stärkung fand die KAAD-Gruppe in einem weltkirchlichen Gottesdienst mit Bischof Dr. Bertram Meier, dem Vorsitzenden der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz.

Da zahlreiche Weltregionen von unsagbaren Gewalttaten heimgesucht werden, denen ethnische, soziale oder eben religiöse Konflikte zugrunde liegen, beschäftigte sich der andere Teil der Gruppe mit den „Mechanismen des Extremismus“. Nach dem Besuch des Podiums „Demokratischer Frieden in den Zeiten des Populismus“, in dem die Auswirkungen populistischer Strömungen und Parteien auf das demokratische Umfeld in Deutschland betrachtet wurden, konnte sich die Gruppe in der ,Fishbowl‘-Veranstaltung „Was bringt uns zusammen und was trennt uns“ einbringen. Neben Sarah Pohl, Diözesanvorsitzende des BDKJ Erfurt, Franziska Hoppermann MdB (CDU) und Max LucksMdB (Die Grünen) nahmen vor allem Vertreterinnen und Vertreter jüngerer Generationen teil. Es zeigte sich schnell, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie das Leben von Schülerinnen und Schülern, aber auch von Studierenden und Auszubildenden weiterhin prägt. Während Studierende sich über mangelnde soziale Kontakte beklagten, die zu Isolation und in nicht wenigen Fällen auch zur Radikalisierung in den sozialen Medien geführt hätten, äußerte ein Auszubildender seinen Unmut darüber, dass Lehrlinge während der Pandemie nicht einmal Teil des Diskurses gewesen seien. Dies führe zu Frustration unter Auszubildenden, die sich in Teilen auch gegen die Bildungselite äußere. Die KAAD-Stipendiatin Lisa Maria Wirjantoro aus Indonesien gab darüber hinaus zu bemerken, dass Kommunikation und Handeln politisch Verantwortlicher bezüglich Migration äußerst widersprüchlich sei. Während zum einen Zuwanderung in vielen Bereichen erschwert werde, Migration oft negativ konnotiert sei, sollen gleichzeitig Fachkräfte angeworben werden. In einer nachfolgenden Podiumsdiskussion zum politischen Extremismus als „Gefahr für die Demokratie“ konnte unsere Gruppe im Plenum Fragen an Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), den Politikwissenschaftler Prof. Dr. Armin Pfahl-Traughber (Universität Bonn), den Theologe David Begrich, Theresa Lauß von der Beratungsstelle für Opfer antisemitischer und rechter, rassistischer Gewalt (ezra) und an die Journalistin Ebru Taşdemir richten. Während Georg Maier ausführte, welche Maßnahmen gegen den Rechts- und Linksextremismus bereits ergriffen wurden, betonte David Begrich, dass die Aufgabe, die Demokratie zu verteidigen, nicht nur der Politik anheimfalle, sondern auch und insbesondere der Zivilgesellschaft obliege.

In täglichen abendlichen Reflexionsrunde kamen die Stipendiatinnen und Stipendiaten beider Gruppen zusammen und trugen die Ergebnisse der Veranstaltungen in den Kontext aktueller Debatten in Deutschland im Allgemeinen und in den ostdeutschen Bundesländern im Besonderen zusammen. Dabei brachte Prof. Dr. Christoph de Oliveira Käppler, Lehrstuhl für soziale und emotionale Entwicklung in Rehabilitation und Pädagogik an der Technischen Universität Dortmund und Mitglied des Akademischen Ausschusses des KAAD, treffend ein, dass die Podien und Workshops zu diesem Thema Emotionen im Kontext der Polykrise oft nicht als mitursächlich für den Rechtsruck der Gesellschaft in Deutschland und Europa erkennen.

Der Katholikentag in Erfurt endete mit einem Schlussgottesdienst auf dem Domplatz. In seiner Ansprache rief Bischof Bätzing dazu auf, den Frieden zu suchen, zu wahren und sich für ihn einzusetzen. Dass dieser zerbrechlich ist, wurde durch zerstörte Tongefäße auf den Stufen des Doms versinnbildlicht.

Die KAAD-Gruppe mit Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck

Während der Werkstatt „Beeil dich, Innerer Friede, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit!"

Bischof Tesfaselassie Medhin während der Podiumsdiskussion (Mitte), Msgr. Pirmin Spiegel (rechts)

Während des Workshops mit muslimischen und christlichen Studierenden in Deutschland

Die Gruppe mit Abt Nikodemus Schnabel OSB und unserem Präsidenten, P. Dr. Hans Langendörfer SJ

Die Stipendiatinnen und Stipendiaten mit Reinhard Kardinal Marx

Am Stand des KAAD mit DBK-Generalsekretärin Dr. Beate Gilles und KAAD-Generalsekretärin Dr. Nora Kalbarczyk